Welche Ansprüche bestehen, wenn eine Baugenehmigung nach dem Hauskauf fehlt?
Das Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung stellt grundsätzlich einen Fehler im Sinne von § 434 BGB dar. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Errichtung genehmigungsfähig ist, weil die Baubehörde die Nutzung bis zur Erteilung der Genehmigung untersagen kann. Bei einem Verkauf eines Gebäudegrundstücks besteht eine Pflicht zur Offenbarung verborgener Mängel. Bei der Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler der Kaufsache kennt oder zumindest für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.
Im Urteil 22 U 145/07 entschied das OLG Hamm, dass eine fehlende Baugenehmigung oder eine fehlende Genehmigung bezüglich der beabsichtigten Nutzung einen verborgenen Mangel darstellt und somit eine Pflicht zur Offenbarung seitens des Verkäufers besteht. Sobald der Verkäufer den Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält, besteht bei nicht unerheblichen Mängeln eine Aufklärungspflicht. Kommt der Verkäufer dieser Pflicht nicht nach, liegt eine arglistige Täuschung vor. (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21. 2. 2008 - 22 U 145/07)
Bei Kaufverträgen über gebrauchte Gegenstände treten öfter unterschiedliche Ansichten bezüglich der Beschaffenheit auf. Sie können keinen neuwertigen Zustand erwarten. Sie können jedoch erwarten, dass das Preis-Leistungsverhältnis zwischen dem Kaufpreis und der Beschaffenheit stimmt. Ganz besonders dürfen Sie erwarten, dass alle Ihnen zugetragenen Angaben der Wahrheit entsprechen. Sie dürfen auf das Gesagte Vertrauen.
1. Wann liegt eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit vor?
Der Verkäufer sichert Ihnen eine große Wohnraumfläche zu, welche durch eine zu wohnzwecken und zur Vermietung geeigneten Dachgeschosswohnung erweitert wird. Diese Wohnung ist perfekt als Einnahmequelle in Form der Vermietung und bietet großartige Voraussetzungen, wenn Ihr Kind irgendwann groß ist und seinen eigenen Bereich haben möchte. Bezüglich dieser Nutzung liegt jedoch keine Baugenehmigung vor. Das Haus hat somit eine geringere Wohnnutzungsfläche sowie nicht die Möglichkeit der Teilvermietung und ist damit weniger wert.
Wenn die Wohnraumfläche kleiner ausfällt als besprochen, liegt unmissverständlich eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Der kleinere Wohnraum ist nur ein Beispiel. Wir werden bei vielen unterschiedlichen Abweichungen kontaktiert. Vor allem bei Verwendung von anderen, billigeren Materialien, fehlenden Baugenehmigungen, Fehlen von versprochenen Sicherheitsvorkehrungen oder auftretenden Wasserschäden, die nicht mitgeteilt wurden. Bei Wasserschäden oder damit vergleichbaren Mängeln findet ein Rückgriff auf die übliche Beschaffenheit statt. Die übliche Beschaffenheit richtet sich nach der üblichen Beschaffenheit von Sachen der gleichen Art.
Bei einer kleineren Wohnfläche liegt unproblematisch ein Sachmangel vor. Durch die fehlende Genehmigung kann die Immobilie nicht für den vertraglich vorausgesetzten Zweck genutzt werden.
2. Gewährleistungsausschluss
Da gebrauchte Immobilien ein Risiko des Verfalls innehaben, wird die Haftung des Verkäufers für auftretende Mängel häufig im Kaufvertrag ausgeschlossen. Dadurch haftet der Käufer weder für Mängel, welche ihren Ursprung erst nach Abschluss des Kaufvertrags vorweisen noch für welche, die ihre Ursache schon seit längerer Zeit haben und somit schon zum Zeitpunkt des Verkaufs. Es gibt jedoch eine Ausnahme, welche die Möglichkeit gewährt, Ihren Verkäufer trotz Gewährleistungsausschlusses fairerweise zur Haftung heranziehen zu können. Wenn Ihr Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, um den Kaufvertrag zu den vereinbarten Bedingungen nicht zu gefährden, greift der Gewährleistungsausschluss nicht.
3. Wann spricht man von einer arglistigen Täuschung?
Ein arglistiges Verschweigen liegt vor, wenn der Verkäufer den vorliegenden Sachmangel kannte und diesen Ihnen bewusst nicht mitteilte, damit der Abschluss des Kaufvertrags mit dem vereinbarten Inhalt nicht gefährdet ist. Zudem muss hinsichtlich des Sachmangels eine Aufklärungspflicht bestehen.
4. Wann besteht eine Aufklärungspflicht über vorhandene Mängel?
Es besteht keine allgemeine Pflicht der Aufklärung. Die Aufklärungspflicht besteht aber insbesondere bei Umständen, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind. Für den Kauf eines Hausgrundstücks bedeutet dies, dass eine Pflicht zur Offenbarung regelmäßig nur wegen verborgener, nicht nur unerheblicher Mängel anzunehmen ist. Das bedeutet, dass der Verkäufer Sie nicht auf offensichtliche, ohne Weiteres erkennbare Mängel hinweisen muss, da Sie diese bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt bei einer Besichtigung selbst wahrnehmen können.
Wenn Ihnen zugesichert wird, dass die Dachgeschosswohnung als eigenständige Wohnung zu Vermietungszwecken genutzt werden kann, dürfen Sie darauf vertrauen, dass eine Baugenehmigung bezüglich dieser Nutzung vorliegt. Sie trifft keine Nachforschungspflicht. Der Verkäufer musste davon ausgehen, dass die Möglichkeit der Vermietung der Dachgeschosswohnung ein ausschlaggebender Grund für das Zustandekommen des Kaufvertrags war. Sie haben mit den monatlichen Mieteinnahmen gerechnet und sind von einer nicht nur unerheblich größeren Wohnfläche ausgegangen.
5. Liegt Arglist auch bei einer Erklärung „ins Blaue“ hinein vor?
Auch bei einer “ins Blaue hinein“ abgegebenen objektiv unrichtigen Erklärung liegt bei gutem Glauben des Erklärenden Arglist vor, wenn der Handelnde das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage nicht offengelegt. In diesem Fall hätte der Verkäufer Sie auf seine Unkenntnis hinweisen müssen.
Sollte Ihnen die oben beschriebene Situation, welche unter dem 21.02.2008 in dem Urteil 22 U 145/07 vom OLG Hamm entschieden wurde bekannt vorkommen oder eine entfernte Ähnlichkeit mit Ihrer Situation mitbringen, kontaktieren Sie uns gerne. Sobald Ihr Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, haben Sie Ansprüche. Da wir im Bereich der arglistigen Täuschung beim Hauskauf spezialisiert sind, bringen wir viel Erfahrung mit und können Ihre Ansprüche individuell nach Ihren Wünschen, zielorientiert verfolgen. Beim Vorliegen der arglistigen Täuschung besteht die Möglichkeit des Rücktritts vom Kaufvertrag, der Geltendmachung von Nacherfüllungsansprüchen, der Kaufpreisminderung oder der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bezüglich Ihnen dadurch entstandenen Aufwendungen. Gerne prüfen wir Ihren Fall, beraten Sie für die effektivste und sinnvollste Lösung und begleiten Sie mit vollem Einsatz bei der Geltendmachung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche.